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Segen "to go" vorm Supermarkt

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Solinger Pfarrer bringt mit dem Fahrrad die Kirche zu den Menschen
Pfarrer Helmut Benedens bei der Andacht

Foto: epd-bild/Uwe Möller

Der Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Ketzberg, Helmut Benedens, hält auf dem Parkplatz eines Supermarktes in Solingen eine Andacht.

Den Altar hat Helmut Benedens in seinem Lastenfahrrad immer dabei: Zum 150-jährigen Bestehen seiner Gemeinde besucht der Solinger Pfarrer mit seiner mobilen Kirche 150 Orte - vom Tierpark bis zum Supermarkt.

Ein Freitagnachmittag vor dem einzigen Supermarkt im Solinger Stadtteil Gräfrath-Ketzberg, gefühlte 30 Grad. Helmut Benedens nimmt seinen Fahrradhelm ab, wischt sich den Schweiß von der Stirn und beginnt, seinen Altar aufzubauen. Ein Klapptisch, darauf ein violettes Samt-Tuch, eine Bibel, ein Holzkreuz: Fertig ist die "mobile Kirche". Der Ketzberger Pfarrer hat soeben mit seinem Lastenfahrrad die 45. Station eines ehrgeizigen Projektes angesteuert: Im 150. Jubiläumsjahr seiner Kirchengemeinde will er von Mai bis Oktober ebenso viele Kurz-Gottesdienste halten - an 150 ungewöhnlichen Orten in Solingen.

Die evangelische Kirchengemeinde Ketzberg wurde 1868 gegründet und hat heute 2.650 Mitglieder. Helmut Benedens ist seit 23 Jahren Pfarrer in Ketzberg. Auf die Idee zur mobilen Kirche brachte ihn ein Kollege aus dem Hunsrück, der die Ladefläche eines Lkw zum Altarraum umgebaut hat und damit über die Dörfer fährt. Im rheinischen Heinsberg gibt es ebenfalls eine mobile Christuskirche, die Gemeindemitglieder in den zum Teil weit verstreiten Stadtteilen besucht.

Helmut Benedens fährt zum 150-jährigen Bestehen seiner Gemeinde mit seiner mobilen Kirche auf dem Lastenfahrrad 150 Orte – vom Tierpark bis zum Supermarkt - an und feiert an den Orten eine Andacht.

Auch der Ketzberger Pfarrer Benedens will nicht darauf warten, dass die Leute zur Kirche kommen, sondern dort Gottesdienst feiern, wo die Menschen sind: im Einkaufszentrum, im Botanischen Garten, auf einem Kinderspielplatz und im Tierpark. Oder eben vor dem Supermarkt in Ketzberg, wo der evangelische Pfarrer ein Heimspiel hat.

"Hallo Wilma, wie war der Urlaub?", grüßt Benedens eine Passantin. Die Frau stellt ihre volle Einkaufstasche ab und lässt sich ein Liederbuch in die Hand drücken. Die Gitarre ist noch im "Kofferraum" des rustikalen Lastenfahrrades verstaut. Für den Pfarrer ist es auch kein Problem, ein seelsorgerliches Gespräch zwischen Zwetschgen- und Melonenkisten zu führen. "Wie, dein Auto wurde abgeschleppt?" fragt Benedens mitfühlend ein Gemeindemitglied, das ihm sein Leid klagt. Wer existenziellere Sorgen hat, wird von ihm auch schon mal an andere Fachleute verwiesen.

"Manchmal ist es gut, einfach nur präsent zu sein", hat der Pfarrer erlebt. Beispielsweise wenn Passanten auf ihn zukommen mit den Worten: "Gut, dass ich heute einen Pfarrer treffe!" Eher misstrauisch ist dagegen ein grauhaariger Herr, der sich an den provisorischen Altar heranpirscht. "Was verkaufen Sie denn?" fragt er Benedens. "Nix", erwidert dieser freundlich. "Ich bin der Pfarrer der Ortsgemeinde und möchte Kirche sichtbar machen." Er drückt dem Passanten ein Kärtchen in die Hand: Segen "to go".

Statt Talar trägt der Theologe Jeans, Sandalen und ein rotes Hemd, auf dem ein Holzkreuz baumelt. Früher hätte er nicht gedacht, dass er mal auf diese Weise seinen Glauben öffentlich machen würde. "Am Anfang hatte ich ganz schön viel Herzklopfen", gibt er zu. Doch dann stellte er fest, dass diese Art der Mission ihm mehr liegt, als er vermutet hätte. Viele Passanten, auch Muslime, reagierten positiv auf seine mobile Kirche, berichtet Benedens. Schmunzelnd erzählt er von Freikirchlern, die ihn begeistert angesprochen hätten mit den Worten: "Eigentlich ist das ja unser Job!"

Zwei bis drei Mal pro Woche ist Helmut Benedens mit der mobilen Kirche unterwegs und hält Kurz-Andachten. Heute geht es um den Wochenspruch aus Jesaja 43,1. Darin sage Gott zu den Menschen im Exil: "Fürchtet euch nicht", erklärt der Theologe. Sicher hätte er noch gern einen politischen Bogen in die heutige Zeit geschlagen, wenn sich nicht just in diesem Moment eine Gruppe Kinder nähern würde.

Die Jungen und Mädchen stürzen sich sofort auf die ausliegenden Gummibärchen. Nachdem alle auch noch einen Reflektor in Form der Ketzberger Kirche erhalten haben, ziehen sie fröhlich ihrer Wege. Benedens spricht noch ein Gebet und den Segen. "Ich habe keine Angst, allein zu singen", erklärt der Pfarrer, der für sein Gitarrespiel auch schon mal eine Münze in sein Spendenschwein bekommt. "Ich möchte nur nicht ins Leere predigen."


Ministerpräsident Söder: Kreuz steht für Überzeugung

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Das Aufhängen eines geweihten Kreuzes in der Bayerischen Staatskanzlei hat für den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) nichts mit Wahlkampf zu tun. "Wir machen das, von dem wir überzeugt sind", sagte Söder der Schwäbischen Zeitung (Ravensburg, Samstagsausgabe). Politik brauche Haltung, Überzeugung und klare Konturen. Die bayerische Staatsregierung mache auch christliche Politik, indem sie Familien fördere, Pflege unterstütze, Obdachlosigkeit bekämpfe und für Menschen mit Behinderung viel Geld investiere.

Dass aus den Kirchen auch kritische Stellungnahmen zu der in Bayern seit 1. Juni geltenden Pflicht gegeben habe, im Eingangsbereich aller staatlichen Dienstgebäude ein Kreuz anzubringen, sei "normal und verständlich". Es gebe in der Kirche auch unterschiedliche Meinungen. Der Geistliche Rat, ein kirchlich-politisches Beratungsgremium des Landes, habe sich jedoch deutlich hinter das Aufhängen von Kreuzen gestellt, wie auch ein Großteil der Pfarrer in Bayern, sagte Söder. Auch bei seinem Besuch im Vatikan habe er für die Position viel Sympathie erfahren.



Der Passauer katholische Bischof Stefan Oster sagte der "Passauer Neuen Presse", er finde es gut, wenn jetzt überall in den bayerischen Behörden Kreuze hingen. "Und wenn ich nach den Motiven desjenigen gefragt werde, der das angeordnet hat, so sage ich: Ich kann in kein Herz hineinschauen", sagte Oster:  "Ich kann die Motive nicht so leicht beurteilen, aber ich freue mich, dass Kreuze aufgehängt werden, weil sie uns an den Erlöser erinnern."

Der Kreuzerlass war bundesweit diskutiert worden. Kirchenvertreter hatten davor gewarnt, das Kreuz zu instrumentalisieren. Viele Kritiker sahen die Anordnung im Zusammenhang mit der bayerischen Landtagswahl in diesem Herbst.

Farbenprächtige Tamilen-Wallfahrt in Kevelaer

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Mehrere tausend Tamilen sind am Samstag zu ihrer traditionellen Wallfahrt nach Kevelaer gereist. Die inzwischen 31. Ausgabe der farbenprächtigen Wallfahrt startete am Vormittag mit einem Pontifikalamt im Forum Pax Christi. Als Hauptzelebrant war Generalvikar Joseph Jabaratnam aus der Diözese Jaffna auf dem Inselstaat Sri Lanka in den niederrheinischen Wallfahrtsort gekommen.

Er betete mit den aus ganz Deutschland sowie aus Frankreich, den Niederlanden und Skandinavien angereisten Tamilen für den Frieden in Sri Lanka und für die Gleichberechtigung der dort lebenden Tamilen. An dem Gottesdienst nahmen auch mehrere tamilische Priester aus Deutschland und angrenzenden Ländern teil. Nach Auskunft der Wallfahrtsleitung werden bis in den späten Abend hinein bis zu 10.000 Gläubige - Hindus und Katholiken - erwartet.

Veranstaltet wird die Wallfahrt von der Tamilenseelsorge im Bistum Essen, das vom Bistum Aachen unterstützt wird. Die Tamilenwallfahrt ist die größte Einzelwallfahrt in Kevelaer. Am Nachmittag stand noch eine farbenfrohe, eucharistische Prozession sowie die Anbetung nach tamilischer Tradition auf dem Programm. Bei der Prozession ziehen auch die festlich gekleideten Kinder mit, die in diesem Jahr zur Erstkommunion gegangen sind. Bis in den späten Abend hinein wird Kevelaer auch eine Feierstätte sein, bei der sich Familien aus unterschiedlichsten Ländern und Städten wiedersehen. Die Wallfahrt stellt für viele Tamilen zudem auch einen inoffiziellen Heiratsmarkt dar, bei dem Ehen angebahnt werden.



Für die Tamilen, die vor dem jahrelangen Bürgerkrieg in ihrer Heimat geflohen sind, ist die Wallfahrt nach Kevelaer zum Gnadenbild der "Trösterin der Betrübten" inzwischen der Höhepunkt im kirchlichen Jahreskreis. Kevelaer ist für sie ebenso wichtig wie der Marienwallfahrtsort Madhu im Nordosten von Sri Lanka. 80 Prozent der Einwohner des Inselstaats sind Hindus, rund 20 Prozent Christen. Kevelaer ist wegen Marienerscheinungen in den Jahren 1641/1642 Wallfahrtsort. Jährlich pilgern rund 800.000 Menschen in die Kleinstadt mit rund 30.000 Einwohnern. An der ersten Tamilenwallfahrt 1987 nahmen etwa 50 Gläubige teil.

Ärztin Hänel: Freispruch bei 219a ist keine Lösung

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 Kristina Hänel

dpa/Maurizio Gambarini

Die Gießener Ärztin Kristina Hänel wünscht sich im Streit um das Werbeverbot für Abtreibungen eine endgültige Klärung.

Die Gießener Ärztin Kristina Hänel wünscht sich im Streit um das Werbeverbot für Abtreibungen eine endgültige Klärung. Sollte sie im Berufungsprozess am Landgericht Gießen am 6. September freigesprochen werden, wäre das keine Lösung, sagte Hänel am Dienstag im Deutschlandfunk. Letztendlich müsse der Paragraf 219a gravierend geändert oder abgeschafft werden.

Dafür seien eine Initiative des Gesetzgebers oder ein letztinstanzliches Urteil des Bundesverfassungsgerichts notwendig. "Eine andere Lösung gibt es ja nicht, um endlich Ruhe in dieses Thema zu bringen", sagte die Allgemeinmedizinerin. Hänel war im November vergangenen Jahres vom Amtsgericht Gießen zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil sie auf der Internetseite ihrer Praxis über Schwangerschaftsabbrüche informiert hatte. Nach Auffassung des Gerichts verstieß sie damit gegen das Werbeverbot für Abtreibungen nach Paragraf 219a des Strafgesetzbuches. Das Urteil gegen Hänel löste eine bundesweite Debatte über den Strafrechtsparagrafen aus.

Hänel sagte, ein Schwangerschaftsabbruch sei "nie ein normaler Eingriff". "Jede Frau weiß ganz genau, was sie da tut", sagte die Medizinerin. In aller Regel tue sich jede Schwangere mit einer Entscheidung schwer. Leichtfertige Abtreibungen, von denen in der Debatte um den Paragrafen 219a immer wieder die die Rede sei, gebe es nicht. Jedem sei klar, dass man für eine Abtreibung keine Werbung machen kann, sagte Hänel. Doch verbiete das Strafgesetzbuch derzeit eine seriöse und sachliche Information. "Das ist völlig absurd", sagte die Ärztin.

"Hier werden Grenzen überschritten"

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Bayerische Kirche kritisiert "Glaubensprüfungen" bei getauften Flüchtlingen
Die Taufkerzen im Taufgottesdienst mit Flüchtlingen aus dem Iran.

epd-bild/Jürgen Blume

Die Taufkerzen im Taufgottesdienst mit Flüchtlingen aus dem Iran. Die Kompetenz in religiösen Fragen bei BAMF-Entscheidern und Richtern ist dringend zu hinterfragen, so die oberfränkische Regionalbischöfin Dorothea Greiner.

Weil sie vom Islam zum Christentum übergetreten sind, fürchten viele Flüchtlinge bei einer Rückkehr in ihre frühere Heimat um ihr Leben. In einem deutschen Asylverfahren gerät ihre Anerkennung aus Glaubensgründen bisweilen zum Glücksspiel.

Die Reformations-Gedächtnis-Kirche am Nürnberger Stadtpark ist ein trutziger Bau, gleichsam das steingewordene Lutherlied von der "festen Burg". Vor dieser symbolischen Kulisse feierten vor wenigen Wochen 500 Besucher das erste evangelische "deutsch-persische Kirchenfest" - ein Willkommensgruß besonders für die Geflüchteten aus dem Iran, die das Christentum zu ihrer neuen geistlichen Heimat gemacht haben. Iraner stellen die mit Abstand größte ausländische Gruppe bei Neueintritten in die evangelische Kirche in Bayern: Etwa 1.000 waren es, die seit 2015 diesen Schritt unternommen haben, weiß Pfarrer Markus Hildebrandt Rambe von der landeskirchlichen "Fachstelle für interkulturelle Öffnung".

Im Kielwasser der gestiegenen Flüchtlingszahlen ist die Konversion von islamischen Asylbewerbern zum Christentum kein unumstrittenes Argument mehr für eine Anerkennung. Zwar wird die Verfolgungsgefahr aus religiösen Gründen in der Regel eingeräumt. Jedoch geht es bei der Beurteilung nicht um die persönliche Entscheidung, eine andere Religion anzunehmen, auch nicht vorrangig um eine eventuelle Zugehörigkeit zu einer christlichen Gemeinschaft oder ob die Taufe erst in Deutschland vollzogen wurde: Im Mittelpunkt steht die heikle Prognose, wie schwerwiegend die zu erwartenden Folgen für den Betreffenden bei einer Rückkehr sind.

Regionalbischöfin Dorothea Greiner bei der Taufe von 20 iranischen Geflüchten im Jahr 2016 in der Bayreuther Stadtkirche. Diese hatten zuvor einen dreimonatigen Glaubenskurs absolviert.

An der Praxis dieser "Feststellungen" scheiden sich aber zunehmend die Geister. Zumal davon immer mehr überwiegend iranische Asylbewerber betroffen sind, die sich taufen ließen und in ihren Kirchengemeinden engagieren. In manchen Anhörungen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und in Verwaltungsgerichtsverhandlungen werde offenbar "die Grenze zur theologisch wie rechtlich sehr zweifelhaften - aus unserer Sicht unzulässigen - Glaubensprüfung überschritten", klagt die oberfränkische Regionalbischöfin Dorothea Greiner.

Leichtfertig erhebt die Theologin solche Vorhaltungen nicht. Bis auf einige Ausnahmen würden frühere Muslime einen Religionswechsel nicht aus dem puren Kalkül vollziehen, um eine Abschiebung zu verhindern: "Sie haben aus Überzeugung das Christentum als Religion der Freiheit und der Liebe gewählt", ist sich Greiner sicher. Sie kennt nicht nur einen Fall fragwürdiger und teils widersprüchlicher "Glaubensbeurteilungspraxis", deren Ende sie mit Nachdruck einfordert.

Expertise von Theologen gefragt

In einer BAMF-Entscheidung sei etwa die Taufe eines Bewerbers zu einem "rein formalen Glaubensübertritt" heruntergespielt worden - weil dieser bereits zuvor kein streng religiöser Muslim gewesen sei, sei der Wandel zum Christen "umso unverständlicher und nicht nachvollziehbar". Diese Entscheidung sei vom Verwaltungsgericht kassiert worden, während ein anderes in einem anderen Fall der Argumentation gefolgt sei, die dem Bewerber eine "mangelnde persönliche Bindung an die Religion" bescheinigte: Den Entscheider habe gestört, dass der Befragte den Islam kritisiert und das Christentum positiv abgesetzt hätte.

Zu hinterfragen sei deshalb bei Entscheidern und Richtern die Kompetenz in religiösen Fragen, mahnte Greiner: BAMF und Gerichte sollten mehr auf die Expertise von Theologen vertrauen. Die Berliner Kirchenjuristin Katharina Berner hat für diese Irritationen eine Erklärung: Die Gesellschaft sei mittlerweile kaum noch geübt im Umgang mit "wahrnehmbar gelebter Religion", stellte sie fest.

BAMF erwartet von Konvertiten Bekenntnis zum Glauben

Auf ein "reines Glaubensexamen" dürften Befragungen in der Anhörung zur Konversion jedenfalls nicht hinauslaufen, betont BAMF-Sprecherin Natalie Bußenius. Der Konvertit müsse ausführlich schildern können, "welche Beweggründe er für die Konversion hatte und welche Bedeutung die neue Religion für ihn persönlich hat". Der Glaubenswechsel nach einer sorgfältigen Taufbegleitung werde nicht angezweifelt. Doch der Entscheider müsse beurteilen, ob dieser Glaubenswechsel "aus asyltaktischen Gründen oder aus echter Überzeugung erfolgt" sei.

Auf dem Weg zu diesem Urteil gibt es noch eine Stolperfalle: die Sprachbarriere. Die meisten Asylbewerber aus dem Iran sind kaum in der Lage, sich im oft zermürbenden Umgang mit Behörden auf Deutsch zu allen Fragen zu äußern. Unverzichtbar sind deshalb Übersetzer, die die Heimatsprache Farsi beherrschen - die meisten von ihnen sind jedoch Muslime und haben "von christlichen Inhalten praktisch keine Ahnung", räumte BAMF-Abteilungsleiterin Ursula Gräfin Praschma ein: "Da wird das Abendmahl zum Abendessen, und mit der Dreifaltigkeit kann man überhaupt nichts anfangen." So könne beim Entscheider manches anders ankommen.

Gewissermaßen kirchliche Kärrnerarbeit leistet das Bayreuther Pfarrerehepaar Andrea und Hans-Dietrich Nehring. Sie veranstalten in ihrer Friedenskirchengemeinde Taufkurse, in denen die Grundlagen des christlichen Glaubens vermittelt werden. Doch unter den geduldeten Asylbewerbern halten nicht alle den Druck in dieser "Warteschleife" aus. Drei der jungen Iraner, die in Bayreuth getauft wurden, reisten laut Pfarrerin Nehring freiwillig zurück - gescheitert an der fremden Lebenswirklichkeit in Deutschland.

Emanzipation von den europäischen Wurzeln

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US-Lutheraner führen erste afroamerikanische Bischöfin ein
Die neue Bischöfin der ELKA, Viviane Thomas-Breitfeld, will "Jesus predigen".

epd-bild/Ken Harris/St. Paul Lutheran Church/Beloit/Wisconsin

Am 18. August wird in Janesville im Staat Wisconsin mit Viviane Thomas-Breitfeld die erste afrikanisch-amerikanische Bischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika ins Amt eingeführt.

Die von deutscher und skandinavischer Einwanderung geprägte Evangelisch-Lutherische Kirche in Amerika führt erstmals eine afroamerikanische Bischöfin ins Amt ein. Damit löst man sich auch ein wenig von der aus Europa stammenden Identität.

Die überwältigende Mehrheit der Mitglieder der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA) ist weiß und hat europäische Vorfahren. Doch nun scheint sich die lutherische Identität von der Identität der Nachkommen von Einwanderern aus Europa etwas zu lösen. Am 18. August wird in Janesville im Staat Wisconsin mit Viviane Thomas-Breitfeld die erste afroamerikanische Bischöfin der Kirche ins Amt eingeführt. Thomas-Breitfeld wird damit Bischöfin der Süd-Zentral-Synode (South-Central Synod) von Wisconsin. Die ELKA ist die größte lutherische Kirche Nordamerikas. Sie entstand 1988 durch den Zusammenschluss dreier lutherischer Kirchen. Die Bischöfe und Bischöfinnen werden für sechs Jahre gewählt.

Thomas-Breitfeld, die mit dem lutherischen Pastor Fred Thomas-Breitfeld verheiratet ist und zwei erwachsene Kinder und drei Enkelkinder hat, wurde am 6. Mai dieses Jahres auf der Süd-Zentral-Synode im fünften Durchgang mit 224 zu 150 Stimmen zur Bischöfin gewählt. Bereits einen Tag zuvor hatte die Synode von Südost-Pennsylvania eine afroamerikanische Bischöfin gewählt. Patricia Davenport wird am 22. September eingeführt. Die Wahlen seien ein "Durchbruch" gewesen, sagt Thomas-Breitfeld, ein Zeichen, dass der "Heilige Geist mit Macht wirkt".

Das Wasser der Taufe sei dicker als Blut

Zu Ihrer Einführung erwarte sie ein buntes Zusammenkommen von Menschen und "vielfältige Musik und Gebete, die zum Ausdruck bringen, wie wir als Kirche aussehen möchten", sagt Thomas-Breitfeld dem Evangelischen Pressedienst (epd) . Doch die rund 3,5 Millionen Mitglieder zählende ELKA tat sich bislang eher schwer mit der Vielfältigkeit. "Wir sagen immer wieder, dass Gott uns rufe, eine vielfältige, inklusive und multikulturelle Kirche zu werden", erklärt die Leitende ELKA-Bischöfin Elizabeth Eaton im Informationsdienst "Religion News Service". Doch man sei "stecken geblieben". Die überwältigende Mehrheit der Mitglieder ist weiß. Sie hoffe, Gott öffne "unsere Augen, um die Gaben von Menschen zu sehen, die nicht aus Europa stammen".

Nach ihrer Ordination zur Pastorin 1980 betreute Thomas-Breitfeld Gemeinden in Wisconsin. Zeitweilen arbeitete sie als Geistliche in einem Krankenhaus und an einer Universität. Als Lutheranerin sei für sie die Lehre von der Rechtfertigung allein aus Glauben ausschlaggebend, sagt die Bischöfin. Sie gehöre einer demografischen Gruppe an, die gesellschaftlich nicht immer geschätzt werde. Doch von Gott würden alle Menschen wertgeschätzt. Und was Rassentrennung angehe: Schon ihr Vater habe ihr gesagt, das Wasser der Taufe sei "dicker als Blut".

Weiß, oft aus ländlichen Gegenden und älter

Wie andere protestantische Kirchen in den USA verliert die ELKA seit Jahren Mitglieder. Europäische Kirchen seien wohl noch stärker von Rückgang betroffen, sagt Thomas-Breitfeld, doch auch vielen Menschen in den USA bedeute die Kirche nicht viel. "Wir haben nicht immer Christi Liebe vermittelt", räumt die Bischöfin ein. "Menschen haben einen Hunger nach Liebe und wollen angenommen werden". Wenn die Kirche das anbiete, "werden die Menschen zu uns kommen". Sie wolle "Jesus predigen". Jesus sei durchaus politisch gewesen und habe auf der Seite der Armen gestanden. So habe er mit der Frau am Brunnen gesprochen, die laut Bibeltext von anderen verachtet wurde.

Beim Thema Politik gehen die Ansichten US-amerikanischer Lutheraner auseinander. Demografisch zeigen sich gewisse Ähnlichkeiten von der ELKA und Wählern der Republikanischen Partei: Weiß, oft aus ländlichen Gegenden und eher älter. In den Kirchenbänken säßen auch Donald-Trump-Wähler, erklärt Bischöfin Thomas-Breitfeld. "Er hat Menschen erreicht, die fürchteten, ins Hintertreffen zu geraten. Sie haben seinen Ruf gehört."

ELKA-Bischöfin Eaton ruft ihre Kirche häufig zum Einsatz gegen Rassismus auf. Inzwischen habe die Kirche "die Realität des institutionellen und strukturellen Rassismus" anerkannt, erklärte Eaton bei einer ökumenischen Anti-Rassismuskundgebung in Washington im April dieses Jahres. Eaton predigt auch bei Thomas-Breitfelds Einführungsgottesdienst.

 

Das Zocker-Evangelium

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Populäres Computerspiel soll Jugendlichen Christliches näherbringen
Der württembergische Pfarrer für Konfirmandenarbeit, Thomas Ebinger,

epd-bild/Marcus Mockler

Der württembergische Pfarrer für Konfirmandenarbeit, Thomas Ebinger, will mit dem populären Computerspiel Minecraft Jugendliche für christliche Themen gewinnen.

Am Dienstag beginnt in Köln die weltweit größte Computerspielmesse "Gamescom". Auch die Kirche nutzt die Spielwelt, um Glaubensthemen zu vermitteln. Ein württembergischer Pfarrer setzt dabei eines der weltweit populärsten Programme ein.

Minecraft ist ein Phänomen. Das Computerspiel eines schwedischen Programmierers wurde weltweit schon rund 150 Millionen Mal verkauft. Von den 12- bis 13-Jährigen in Deutschland nennt es laut JIM-Studie jeder Dritte sein Lieblingsspiel. In Minecraft geht es weniger darum, Feinde zu vernichten oder Festungen einzunehmen. Zunächst bauen die Spieler einfach nur Häuser und Landschaften - und das in einer pixeligen Grafik, die an die Frühzeit digitaler Bilder erinnert. Der württembergische Pfarrer Thomas Ebinger will die Popularität von Minecraft für die kirchliche Jugendarbeit nutzen.

Der 46-jährige Theologe ist Dozent für Konfirmandenarbeit in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Als Jugendlicher hat er selbst auf einem Commodore 64 einfachst animierte Wurmspiele gezockt. Den Programmiercode dazu musste er von Hand aus einer Zeitung abtippen. Ebinger ist überzeugt, dass das Spielen in der Pädagogik wieder mehr Raum bekommen muss. Er hält es für fatal, dass Kindern die Schule mit dem Satz "Jetzt beginnt der Ernst des Lebens" präsentiert wird. Spielen sei keine Arbeit und könne deshalb viel leichter Lernstoffe vermitteln. Zum Beispiel in der Konfirmandenarbeit.

"Das mach' ich ja nur im Spiel"

Der Minecraft-Fan hat sich einige Aufgaben ausgedacht, mit denen die Jugendlichen das Programm für christliche Inhalte nutzen können. Beispielsweise bauen sie zwei Welten - eine, in der die biblischen Zehn Gebote gelten, und eine, in der sie nicht gelten. Oder das Haus des Zöllners und Betrügers Zachäus aus dem Neuen Testament, das bei den jungen Spielern die Frage aufwirft: Wie schützte man damals und wie schützt man heute seinen Reichtum?

Ebinger hat die Erfahrung gemacht, dass Alltagsthemen auf diesem Weg viel leichter ansprechbar seien. In der Minecraft-Welt könnten sie ihre Gefühle ausleben und sich gleichzeitig mit dem Satz "Das mach' ich ja nur im Spiel" schützen. Die technischen Voraussetzungen sind vergleichsweise gering. Ebinger nutzt eine kostenlose Minecraft-Variante namens Minetest. Verschiedene Laptops lassen sich über ein lokales Netz oder das Internet verbinden - so können die Teilnehmer miteinander bauen.

Der Konfi-Experte ermutigt Pfarrer, das Ganze auszuprobieren. Das Netz biete Anleitungen, wie entsprechende Projekte praktisch umzusetzen seien. In jeder Gemeinde gebe es Leute, die sich gut genug mit dem Computerspiel auskennen, um mit Jugendlichen eine Minecraft-Aktion zu starten. Die Vorteile liegen für Ebinger auf der Hand: Ein kostenloses, pädagogisch wertvolles Computerspiel, das bei den jungen Leuten höchst populär ist, kann sie an Themen des Glaubens und der Bibel heranführen.

Der kirchliche Minecraft-Pionier Ebinger erhält inzwischen Anfragen aus ganz Deutschland. Auch andere Werke haben das Computerspiel für ihre Arbeit entdeckt, etwa die Cansteinsche Bibelgesellschaft. Die Möglichkeiten, die Minecraft für die christliche Pädagogik bietet, sind nach Ebingers Überzeugung bei weitem nicht ausgeschöpft. Seiner Ansicht nach sollten noch mehr erfahrene Spieler Welten mit christlichen Bezügen entwerfen, in die sich Rätsel, Texte oder historische Orte wie Jerusalem zur Zeit von Jesus Christus einbauen lassen.

Pietismus-Tagung an der Luther-Universität

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Blick aus dem Foyer des neuen Audimax in Halle an der Saale, im Hintergrund ist der Universitätsplatz mit dem Löwengebäude und dem Melanchtoniasium zu sehen.

Foto: epd-bild / Jens Schlüter

Blick aus dem Foyer des neuen Audimax in Halle an der Saale, im Hintergrund ist der Universitätsplatz der Martin-Luther-Universität zu sehen.

Unter dem Motto "Gefühl und Norm" richtet die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg vom 26. bis 29. August den fünften Internationalen Kongress zur Pietismusforschung aus.

Zu der Veranstaltung in Zusammenarbeit mit den Franckeschen Stiftungen der Saalestadt und der Historischen Kommission zur Erforschung des Pietismus werden 150 Teilnehmer aus Europa, Australien und Nordamerika erwartet, wie die Hochschule am Montag in Halle (Saale) mitteilte.

Der Kongress hat das Ziel, die historischen Diskussionen zum Verhältnis von Gefühl und Norm im Pietismus interdisziplinär zu rekonstruieren, wie es hieß. Dazu gehöre auch die Frage, welche Instanz mit welchen Argumenten und in welchen Formen und Funktionen überhaupt Normen festlegen und darüber befinden durfte, welche Gefühle akzeptiert und welche verworfen wurden.

Eröffnet wird das Expertentreffen mit einem Vortrag von Jacqueline Van Gent vom Centre of Excellence for the History of Emotions an der Universität im australischen Perth. Neben den Fachvorträgen steht auch eine wissenschaftliche Exkursion auf dem Programm: Die Teilnehmer besuchen das Literaturmuseum Gleimhaus in Halberstadt und das Klopstockhaus in Quedlinburg. Beide Städte zählten zu wichtigen "Herzens- und Gefühlsorten" des 18. Jahrhunderts, sagte ein Universitätssprecher.

Der Pietismus entwickelte sich im 18. Jahrhundert zur wichtigsten Reformbewegung im Protestantismus. Zentral war für seine Wegbereiter der diagnostizierte Mangel an Herzensfrömmigkeit und an einer entsprechend tatkräftigen Praxis - sowohl bei Theologen, Geistlichen und Lehrern als auch in der Bevölkerung. Im Zentrum pietistischer Reformbemühungen stand das frommfühlende Subjekt. "Dabei war es zu dieser Zeit überhaupt keine Selbstverständlichkeit, von oder über Gefühle zu sprechen", sagte Christian Soboth vom Interdisziplinären Zentrum für Pietismusforschung der Luther-Universität.

 


Warten auf den ökumenischen Frühling

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Der Weltkirchenrat feiert sein 70-jähriges Bestehen
Angewandte Ökumene beim  Gottesdienst zum Tag der Deutschen Einheit zwischen dem bayerischen evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (li.) und der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx.

Foto: epd-bild / mck

Ökumenische Kooperation - hier beim Gottesdienst zum Tag der Deutschen Einheit 2012.

Der Weltkirchenrat feiert sein 70-jähriges Bestehen. Die mitunter schwierige Beziehung des protestantisch geprägten Dachverbandes zur römisch-katholischen Kirche schwankt zwischen Kooperation und Abgrenzung.

Der Papst steigt aus seinem schnuckeligen Fiat, er strahlt und nimmt den lutherischen Pfarrer in die Arme. Gemeinsam schreiten Franziskus und der Generalsekretär des Weltkirchenrates, Olav Fykse Tveit, in die schlichte Genfer Zentrale des ökumenischen Dachverbandes. Franziskus sagt, er sei "als Pilger auf der Suche nach Einheit und Frieden" gekommen. Sofort erobert der Gast aus Rom die Herzen der Mitarbeiter des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK).

Der Besuch des Heiligen Vaters im Juni in Genf markierte einen Höhepunkt der Feierlichkeiten zum 70-jährigen Jubiläum des Ökumenischen Rates der Kirchen. Es war erst der dritte Besuch eines Papstes beim Rat, seit dem dieser am 23. August 1948 ins Leben gerufen wurde. Am 23. August will der ÖRK in seiner Gründungsstadt Amsterdam noch einmal feiern. Inzwischen vereint er 350 Mitgliedskirchen - die römisch-katholische Kirche ist kein Mitglied

Fast schon ein Bruderkuss zwischen Papst Franziskus und dem Generalsekretär des Weltkirchenrats, Olav Fykse Tveit, bei der Begrüßung in Genf.

Die Papst-Visite rückte das mitunter schwierige Verhältnis des multikonfessionellen Bundes zum Vatikan wieder verstärkt ins ökumenische Bewusstsein. Die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bosse-Huber, wertete die Aufwartung des Pontifex in Genf als willkommenes Signal für eine tiefere ökumenische Zusammenarbeit. "Ich war sehr erfreut, dass er einen ganzen Tag mit uns verbracht hat", betont die Auslandsbischöfin, die auch Mitglied im ÖRK-Zentralausschuss ist.

Christen müssen zusammenstehen

Die Bischöfin pflichtete dem Oberhaupt der Katholiken bei, dass die Christen den großen globalen Krisen wie Armut, Klimawandel, Unterdrückung und gewalttätigen Konflikten begegnen müssten. "So viele Menschen hungern, leiden, werden gequält, da müssen wir Christen gemeinsam alles versuchen, um diese Welt besser zu machen", forderte Bosse-Huber.

Im ÖRK hoffen viele auch auf eine engeren Schulterschluss der Kirchen, um den verfolgten Christen in muslimisch geprägten Ländern beizustehen. Margarita Nelyubova, russisch-orthodoxe Christin und Mitglied des Zentralausschusses, erklärte: "Der Mittlere Osten ist im Moment eine Brutstätte für Probleme, aber es gibt auch Anzeichen, dass Christen in anderen Teilen der Welt verfolgt werden, zum Beispiel in einigen Ländern Asiens", sagt Nelyubova. Die ökumenische Familie müsse mehr tun, "um unsere verfolgten Brüder und Schwestern zu verteidigen und daran mitzuwirken, die verheerende Krise zu beenden".

Auch in einer anderen Frage herrscht zwischen römisch-katholischer Kirche und dem Weltkirchenrat Übereinstimmung. Für beide Seiten steht ein Beitritt der Katholiken zu dem Verband mit orthodoxen, anglikanischen, baptistischen, lutherischen, methodistischen, reformierten sowie Freikirchen nicht zur Debatte. Schon der schiere Größenunterschied macht eine Mitgliedschaft nahezu unmöglich: Während Papst Franziskus das Oberhaupt von schätzungsweise 1,4 Milliarden katholischer Christen ist, zählen die Gläubigen in allen Kirchen des ÖRK etwa 560 Millionen Menschen.

Katholische Kirche blieb konservativ-dogmatisch

Immerhin wirken die ungleichen christlichen Brüder auf institutioneller Ebene schon seit einem halben Jahrhundert zusammen. Die katholische Kirche beteiligte sich auch an der ÖRK-Kommission für Glauben und Kirchenverfassung. Die Gemeinsame Arbeitsgruppe berät regelmäßig über Themen wie Frieden und Migration. Doch trotz gemeinsamer Ziele schwelen viele ökumenische Probleme weiter - ausgerechnet im Jahr des Papstbesuches beim ÖRK zeigt die katholische Kirche erneut ihr konservativ-dogmatisches Gesicht. So bekräftigte der Präfekt der Glaubenskongregation, Luis Ladaria, das absolute Nein des Vatikans zu Frauenordination. Der Herr habe "keine Vollmacht" dafür gegeben. Später erteilte der Vatikan der Zulassung evangelischer Ehepartner bei der katholischen Kommunion eine Absage.

Nicht wenige Franziskus-Anhänger im protestantisch geprägten Weltkirchenrat reagierten mit Stirnrunzeln - und Frustration. Trotz der Irritationen stellen die ÖRK-Verantwortlichen und der Papst immer wieder das Verbindende heraus. Franziskus sagte sogar, er freue sich auf "die Blüte eines neuen ökumenischen Frühlings".

Die Revolution der Bischöfe

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Camara wurde als Bischof der Armen bekannt.

Foto: epd-bild / Norbert Neetz

Dom Hélder Câmara, der frühere brasilianische Erzbischof von Olinda und Recife, während einer Priesterweihe im Jahr 1981.

Eine Gruppe lateinamerikanischer Bischöfe will Elend und Unterdrückung nicht mehr hinnehmen. Sie treffen sich 1968 in Kolumbien und mahnen eine Kirche für die Armen an - es ist die Geburtsstunde der Befreiungstheologie. Ein Glaubenskampf beginnt.

Sie verstanden sich als Stimme der Armen und weigerten sich, Ungerechtigkeit als von Gott gegeben hinzunehmen. Dafür werden die Vertreter der Befreiungstheologie in Lateinamerika bis heute von der einfachen Bevölkerung verehrt. Doch von Staat und Kirche wurden sie beschimpft, unterdrückt und verfolgt.

"Wenn ich den Armen zu essen gebe, nennen sie mich einen Heiligen, aber wenn ich frage, warum die Armen nichts zu essen haben, schimpfen sie mich einen Kommunisten", lautet ein Kernsatz der Befreiungstheologie. Gesagt hat ihn Dom Hélder Câmara, brasilianischer Bischof und einer der Begründer der "Kirche für die Armen". Als Geburtsstunde der Befreiungstheologie gilt ein Treffen von Kirchenvertretern in Kolumbien vor 50 Jahren.

Bei der zweiten allgemeinen lateinamerikanischen Bischofskonferenz (Celam) Ende August 1968 in der kolumbianischen Stadt Medellín war Hélder Câmara das Sprachrohr der fortschrittlichen Geistlichen. Er prangerte die gewaltigen sozialen Ungerechtigkeiten auf dem Kontinent an, forderte eine Landreform für Kleinbauern und bessere Bildungschancen.

Der brasilianische Leonardo Boff, Óscar Romero, Erzbischof von San Salvador, und Ernesto Cardenal, ein von der katholischen Kirche suspendierter Priester, sind die bekanntesten Vertreter der Befreiungstheologie.

Neben Câmara gehörten zu den Vertretern der progressiven theologischen Strömung in Medellín Óscar Romero und Jon Sobrino aus El Salvador, der Nicaraguaner Ernesto Cardenal, Leonardo Boff aus Brasilien und der Peruaner Gustavo Gutiérrez. Der gab der Bewegung 1971 mit seinem Werk "Befreiungstheologie" ("Teología de la Liberación") den Namen.

Für die Priester war es Gottes Auftrag, runter von der Kanzel zu den Menschen zu gehen, den Armen eine Stimme zu geben und die Gesellschaft zu verändern. So entstanden zuerst in Brasilien und dann in ganz Lateinamerika zahlreiche Basisgemeinden, hauptsächlich in den armen Vororten der Großstädte und auf dem Land.

Rund 100.000 solcher Gemeinden gibt heute noch allein in Brasilien, schätzt Leonardo Boff. Nachbarn treffen sich, lesen gemeinsam die Bibel, geben sich Kraft und Unterstützung für ihr entbehrungsreiches Leben. Heute seien die kleinen Gemeinden auch eine Antwort auf fehlende Priester und ausgebliebene Reformen der Kirche, etwa beim Zölibat, der Rolle der Frau und der Familienmoral, sagt Boff.

Dass die progressiven Geistlichen, die sich als Sprachrohr der Unterdrückten verstanden, in Konflikt mit den Herrschenden geraten würden, lag in der Natur der Sache. In vielen lateinamerikanischen Ländern hatte in den 70er Jahren das Militär die Macht an sich gerissen. Sie bekämpften und verfolgten die Befreiungstheologen mit Härte, beschimpften sie als "Kommunisten mit christlicher Tarnung".

Doch nicht nur in ihren Heimatländern bildete sich massiver Widerstand gegen die "Kirche der Armen". Denn die Befreiungstheologen kritisierten auch die Nähe des Klerus zur Macht. Die Amtskirche in Rom wollte einen wortgewaltigen Theologen wie Câmara zum Schweigen bringen. Im Vatikan waren Papst Johannes Paul II. und der für Glaubenslehre zuständige Kardinal Joseph Ratzinger ihre schärfsten Widersacher. Sie vermuteten Marxismus hinter der neuen Bewegung und versuchten, die Priester aus der Kirche zu drängen. Boff wurde 1985 ein "Bußschweigen" auferlegt, Cardenal im gleichen Jahr suspendiert - beide wurden dadurch noch populärer.

Erst unter dem heutigen Papst Franziskus, der seit Beginn seiner Amtszeit 2013 eine "arme Kirche für die Armen" anmahnt, kommt es zur Versöhnung. Der Argentinier ging auf die Befreiungstheologen wie Boff zu und reichte ihnen offiziell die Hand. Zudem erkannte er den Märtyrertod des salvadorianischen Erzbischofs Óscar Romero an, der 1980 bei einer Predigt von paramilitärischen Scharfschützen erschossen worden war.

Romero gilt manchem seither als Friedensikone. Auch der damalige US-Präsident Barack Obama kniete bei einem Besuch in El Salvador an dessen Grab nieder. Im Oktober soll er heiliggesprochen werden. 2015 begann zudem der Prozess der Seligsprechung für den 1999 verstorbenen Hélder Câmara, forciert durch Papst Franziskus.

Auch wenn das Wort Befreiungstheologie heute seltener benutzt wird, sei die Bewegung nicht tot, meint Leonardo Boff. "Solange die Armen so viele sind in der Welt - und die Anzahl ist noch größer geworden -, besteht immer das Recht, die Befreiungstheologie zu bekräftigen und zu behaupten." Die Befreiungstheologie habe erreicht, dass ein neuer Typ von Christen verstanden hat, dass Glaube auch eine öffentliche und politische Dimension habe.

Plädoyer für Debatte über deutsch-muslimische Identität

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Der Journalist und Autor Eren Güvercin fordert eine Debatte über die deutsch-muslimische Identität. "Wir müssen dringend inhaltlich über eine deutsch-muslimische Identität sprechen, ansonsten werden Begriffe wie 'deutscher Islam' zu Kampfbegriffen", sagte das Gründungs- und Vorstandsmitglied der Alhambra Gesellschaft dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Der vor rund einem Jahr gegründete Verein versteht sich als Debattenplattform für Muslime. Auf ihrer Webseite veröffentlicht die Alhambra Gesellschaft unter anderem wöchentlich "Freitagsworte", in denen sich Mitglieder und Gastautoren mit Themen beschäftigen, die ihnen in den Freitagspredigten in der Moschee fehlen.

Migranten-Dasein künstlich aufrechterhalten

Türkisch geprägte Verbände wie Ditib und die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs haben Güvercin zufolge vereinzelte Versuche, eine innermuslimische Diskussion zu beginnen, aus Angst vor einem Machtverlust bisher im Ansatz verhindert. "Die türkisch dominierten Verbände agieren wie Heimatvertriebenen-Vereine", sagte der 37-jährige Rechtswissenschaftler. Statt eine positive deutsch-muslimische Identität zu fördern, versuchten sie, das Migranten-Dasein hierzulande künstlich aufrechtzuerhalten.



Dabei ließen sich die Verbände auch von der Politik Ankaras instrumentalisieren, kritisierte Güvercin. Die kommenden Generationen von Deutschtürken sollen zum Beispiel durch Jugendreisen, die das Amt für Auslandstürken vom türkischen Staat großzügig finanziere, "ideologisch auf Linie" gehalten werden. Die Reisen seien zwar als Kulturprogramm vermarktet, dahinter verberge sich aber eine religiös angehauchte nationalistische Indoktrinierung.

Jugendliche durch Sprache und Kultur in Deutschland verwurzelt

Der Kölner Güvercin, dessen Eltern in den 60er Jahren als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland kamen, rät Muslimen, sich mit dem Gedanken an einen "deutschen Islam" anzufreunden. Wer in Deutschland aufgewachsen ist und sich als "türkischer Muslim" bezeichnet, reagiere unreflektiert und emotional auf hitzige Debatten wie auf die um Ex-Nationalspieler Mesut Özil, sagte Güvercin: "Die Realität, die die türkischstämmigen Jugendlichen von heute geformt hat, ist die deutsche." Die Jugendlichen seien durch ihre Sprache und Kultur in Deutschland verwurzelt. "Man kann auch ein deutscher Staatsbürger und konservativer Muslim sein", betonte er.

Güvercin begrüßte, dass die Deutsche Islamkonferenz nach der Sommerpause über die Frage sprechen will, ob es so etwas wie einen "deutschen Islam" gebe und wie dieser aussehen könne. Die Islamkonferenz biete den Muslimen einen Rahmen, um über Grundsatzfragen zu diskutieren, erläuterte er. Der Koordinationsrat der Muslime, in dem die großen Verbände organisiert sind, habe ein innermuslimisches Forum, in der man diese Fragen hätte diskutieren können, hingegen immer verhindert.

Kirchenpräsident gegen Pauschalurteile über evangelische AfDler

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Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung wirbt für einen differenzierten Umgang mit AfD-Mitgliedern, die der evangelischen Kirche angehören. "Wir haben bisher an keiner Stelle gesagt, das die Mitgliedschaft in der AfD der Kirchenmitgliedschaft entgegensteht", beschrieb Jung die Position der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstag).

Vielfach sei die Werteorientierung in der AfD nicht mit christlichen Grundsätzen vereinbar, doch wolle seine Landeskirche danach fragen, was die Mitglieder der Partei sagen und tun.

Das gelte auch bei der Entscheidung, ob Mitglieder der AfD für Posten in der Kirche infrage kommen. "Wir haben zu diesem Thema keinen Grundsatzbeschluss gefasst und haben das auch nicht vor", sagte der leitende Geistliche.



Je nach dem, was ein Gespräch ergebe und wie sich die Partei entwickele, schließe er die Unvereinbarkeit von einem kirchlichen Amt und einem Amt in der AfD nicht aus, erläuterte Jung: "Wenn sich jemand diskriminierend äußert oder wenn jemand eine Position verträte, wonach eingebürgerten Deutschen das Deutsch-Sein abgesprochen würde, wäre für mich zum Beispiel eine Grenze überschritten."

Drewermann ruft Christen zu mehr Engagement für Frieden auf

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Der katholische Theologe und Publizist Eugen Drewermann hat Christen dazu aufgerufen, sich stärker für den Erhalt des Friedens einzusetzen. Sie trügen den "Frieden des Heiligen Abends" in den Herzen, sagte Drewermann am Samstag in Frankfurt am Main bei einem Studientag der hessen-nassauischen Kirchenleitung und der Kirchensynode.

Der 78-Jährige wandte sich gegen eine Logik der Angst, die der "Furie des Kriegs" immer bessere Panzer und Kampfdrohnen entgegensetzen und damit Frieden schaffen wolle. "Maximales Drohpotenzial" werde auf diese Weise mit Frieden verwechselt. Nach dieser Logik sei Sicherheit erst möglich, "wenn wir die ganze Welt vernichtet haben", sagte Drewermann.



Der Theologe erinnerte an die Erkenntnis des Reformators Martin Luther (1483-1546) von der Güte Gottes. Demnach könnten sich die Menschen selbst akzeptieren und sich infolgedessen friedlich zusammenzuschließen. Die biblische Friedensbotschaft könne den Weg zu einer friedlicheren Welt neu ebnen. Sie richte den Blick nicht auf andere Menschen mit dem Hintergedanken, sie zu übertrumpfen. Die Botschaft Jesu lasse sich auch zusammenfassen mit den Worten "das ganze Leben ist Abrüstung", sagte Drewermann.

USA: Lieber mit politisch Gleichgesinnten beten

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Vielen protestantischen Kirchgängern in den USA ist es laut eigener Aussage wichtig, dass der Banknachbar am Sonntag eine ähnliche politische Einstellung hat.

Bei einer zum Wochenende veröffentlichten Erhebung des evangelikalen Instituts Lifeway Research sagten 51 Prozent der Befragten, die meisten Mitglieder ihrer Kirchengemeinde teilten ihre politischen Ansichten. 57 Prozent der protestantischen Kirchgänger zwischen 18 und 49 Jahren gaben an, dass sie lieber mit politisch Gleichgesinnten Gottesdienst feiern.



Ältere Gläubige scheinen gelassener: 39 Prozent der Befragten zwischen 50 und 64 und 33 Prozent derer ab 65 bevorzugten Kirchen mit politischer Übereinstimmung unter den Besuchern. Für die Umfrage hat Lifeway Research 1.010 US-Bewohner befragt, die wenigstens einmal im Monat einen Gottesdienst in einer protestantischen oder unabhängigen Gemeinde besuchen.

Seyran Ates beklagt "Rollback" bei religiöser Toleranz

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Die Menschenrechtsanwältin und Moschee-Gründerin Seyran Ates beklagt einen Rückgang der religiösen Toleranz weltweit. "Schauen Sie sich an, was in Afghanistan, Pakistan, Marokko oder Ägypten geschieht, zunehmend auch in der Türkei", sagte sie dem evangelischen Monatsmagazin "chrismon" (September-Ausgabe).

"Vor zehn Jahren kamen uns offene, modern gekleidete Frauen entgegen, und jetzt sind viele unter der Burka." Selbst in Indonesien, das immer als Beispiel für ein liberales islamisches Land gegolten habe, gebe es ein "Rollback", beklagte Ates. Dort gebe es jetzt sogar eine islamische Sittenpolizei.

Bei Paraden in Istanbul träten große Gruppen von Frauen und Kindern mit Kopftüchern und Männern in osmanischer Kleidung auf. "Das war noch vor zehn Jahren unvorstellbar", sagte die Gründerin der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin. "Als ich ein Kind war, hätte man gesagt: Was sind das denn für rückständige Dorftrottel?"



Der Berliner Kirchenhistoriker Christoph Markschies betonte: "Rollback ist kein Problem nur von islamischen Gesellschaften." Unterschiedliche Formen davon seien in Amerika, aber auch in Ungarn, Polen und Deutschland zu beobachten. Leider gelte das auch für das westliche Christentum, sagte der Vorsitzende der Kammer für Theologie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD): "Denken Sie an alle diejenigen, die in der katholischen Kirche die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils zurückdrehen wollen und denen die Annäherung an das Judentum und an die Kirchen der Reformation ein Dorn im Auge ist."

Zisterzienserorden gründet neues Priorat im Kloster Neuzelle

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Rund 200 Jahre nach dem Auszug der letzten Mönche ist im brandenburgischen Barockkloster Neuzelle seit Sonntag wieder ein katholisches Priorat des Zisterzienserordens beheimatet. Das Tochterkloster des österreichischen Zisterzienserstifts Heiligenkreuz wurde bei der traditionellen Görlitzer Bistumswallfahrt durch den Abt von Heiligenkreuz, Maximilian Heim, errichtet, wie das Bistum Görlitz mitteilte.

Zunächst werden in Neuzelle sechs Mönche leben. Zu dem Festgottesdienst, dem sogenannten Wallfahrtshochamt, hatten sich rund 30 Mönche aus Österreich angekündigt. Neuzelle gilt als eine der wenigen vollständig erhaltenen Klosteranlagen in Europa. An der Feier zur Neugründung des Klosters im 750. Jubiläumsjahr des historischen Zisterzienserklosters Neuzelle nahmen auch Brandenburgs Kulturministerin Martina Münch (SPD) und der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, teil. Die Predigt beim Wallfahrtshochamt will der katholische Bischof Wolfgang Ipolt halten, zu dessen Bistum Neuzelle gehört.

Ein heller, freundlicher und tiefgründiger Farbtupfer

Bischof Dröge hieß die sechs Mönche in seinem Grußwort herzlich willkommen. "Es wird Neuzelle, es wird der ganzen Region, dem Bistum Görlitz und auch unserer Kirche gut tun, dass das christliche Zeugnis in Brandenburg nun einen neuen, hellen, freundlichen und tiefgründigen Farbtupfer bekommt", sagte der Bischof. Er fügte hinzu: "Wir können nun hier in ökumenischer Gemeinschaft zeigen, dass gelebter christlicher Glaube ganz unterschiedlich sein kann und doch aus einem Geist erwächst."

Seelsorge und andere Aufgaben

Der katholische Bischof Ipolt ist Initiator der Neugründung des Priorats in dem 1817 säkularisierten und später verstaatlichten Kloster. Die Mönche wollen zunächst im katholischen Pfarrhaus von Neuzelle leben und später in rund zwölf Kilometern Entfernung ein neues Kloster errichten. Im historischen Zisterzienserkloster wollen sie unter anderem für Seelsorge und andere Aufgaben präsent sein.

Das Kloster Neuzelle an der Oder wurde im 13. Jahrhundert gegründet und später im Barockstil umgestaltet. 1817 wurde der Klosterbesitz im Zuge der Säkularisierung in ein preußisch-staatliches Stift Neuzelle überführt, das bis 1955 als Forst- und Domänenverwaltung bestand und dann verstaatlicht wurde.



Um die Klosteranlage wiederzubeleben, wurde 1996 die Stiftung Stift Neuzelle als öffentlich-rechtliche Stiftung des Landes Brandenburg gegründet. Seit Anfang der 90er Jahre wurden nach Angaben des Kulturministeriums mehr als 50 Millionen Euro an Landes-, Bundes- und EU-Mitteln sowie privaten Spenden in die Gesamtanlage investiert.

"Dienst in schwieriger Zeit" - Neuer Bischof von Hildesheim

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Heiner Wilmer hat an vielen Orten gearbeitet: Unter anderem im berüchtigten New Yorker Stadtteil "Bronx". Am Samstag wurde der 57-jährige katholische Ordenspriester und Gymnasiallehrer in sein Amt als neuer Bischof von Hildesheim eingeführt.

Der katholische Ordenspriester Heiner Wilmer (57) ist am Samstag in sein Amt als 71. Bischof von Hildesheim eingeführt worden. "Mir ist bewusst, dass ich meinen Dienst in einer für die Kirche herausfordernden Zeit antrete", sagte Wilmer bei seiner Bischofsweihe im Hildesheimer Mariendom. "Das schwerste und bitterste Thema ist für mich der Zusammenhang von sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch in unserer Kirche."

Menschen brauchen Heilung und Hoffnung

Diesem Thema wolle er sich von Anfang an "mit aller Kraft" widmen. "Was die Menschen brauchen, ist Heilung und Hoffnung", so Wilmer. Zum 815 gegründeten Bistum Hildesheim zählen rund 600.000 Katholiken im östlichen Niedersachsen und Teilen des Landes Bremen.

Der 1961 in Schapen im Emsland geborene Wilmer war zuletzt Ordensgeneral der Herz-Jesu-Priester. Seit seiner Wahl zum Leiter des Ordens 2015 lebt er in Rom. Zuvor arbeitete er unter anderem als Lehrer und Schulleiter im Emsland, in Vechta und in New York. Der promovierte Theologe trat bereits nach seinem Abitur 1980 in den Orden ein und legte 1985 noch während seines Studiums das Gelübde ab. Wilmer ist auch Autor mehrerer Bücher.

Herausforderungen im Bischofsamt

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße sprach in seiner Predigt ebenfalls von den Herausforderungen für das Bischofsamt. Neben der klaren und bestimmten Aufklärung und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs gehöre zu den Aufgaben auch, angesichts knapper Finanzen "mutig und visionär" zu sein. In Zeiten großer Unsicherheiten und auch von Ausschreitungen, müsse der neue Bischof Menschen Mut und Halt vermitteln, sagte Heße mit Blick auf die ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz.

Ehrlich, mutig, geschwisterlich und glaubensstark

Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister sagte als Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, die fünf Kirchen freuten sich über einen Bischof, "der mit uns neue Wege geht und dabei mutig über die konfessionellen Grenzen der Kirchen hinausschaut". Meister wünschte dem neuen Bischof, so zu wirken, wie er sei: "ehrlich, mutig, geschwisterlich und glaubensstark". Der evangelische Bischof fügte hinzu: "Wir freuen uns auf die gemeinsame ökumenische Wanderschaft."



Mehrere tausend Gäste, unter ihnen auch der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), verfolgten den Gottesdienst, der auch live im Internet übertragen wurde. Weil erinnerte an die gemeinsame Verantwortung des Staates und der Kirchen für eine gerechte Gesellschaft. Mit Blick auf Chemnitz unterstrich der Ministerpräsident, dass "eine Gesellschaft der Nächstenliebe" noch in weiter Ferne sei. "Wir werden noch viel mehr gemeinsam dafür tun müssen, dass diese Gesellschaft zusammenbleibt und Nächstenliebe wirklich ein Motto für uns alle werden wird."

Paulus, Chemnitz und die politische Kirche

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Das Konzert auf dem Johannisplatz in Chemnitz startete mit einer Schweigeminute.

epd-bild/Wofgang Schmidt

Öffentliche Schweigeminute vor dem Rockkonzert unter dem Motto #WirSindMehr am 3.9.2018 in Chemnitz.

Darf die Kirche politisch sein? Muss sie es vielleicht sogar? Gerade nach Vorfällen wie in Chemnitz? Katrin Oxen antwortet in ihrem Gastbeitrag in Form eines Andachtsimpulses und findet ein Vorbild in Paulus auf dem Areopag.

Ich werde oft gefragt, ob die Predigt am Sonntag und sonstige Äußerungen der Kirche denn nun "politisch" sein dürfen oder nicht. Ereignisse wie die Vorfälle in Chemnitz in der vergangenen Woche fachen die Diskussion darüber neu an.

Autor
Kathrin Oxen

Kathrin Oxen ist Leiterin des Zentrums für evangelische Predigtkultur in Wittenberg. Für ihre Predigten wurde sie mehrfach ausgezeichnet.

Bei der Beantwortung dieser Frage hilft mir der Blick auf die Anfangsgeschichte der christlichen Kirche, wie der Evangelist Lukas sie in der Apostelgeschichte darstellt. Paulus sucht in dieser Geschichte (Apg. 17,16f) sehr bewusst den öffentlichen Raum der damaligen Zeit auf, den Marktplatz auf dem Areopag. Er bewegt sich damit in der polis – also den Lebensbereich, der sich vom privaten Bereich, vom Haus deutlich unterscheidet. Von polis kommt "politisch". Und von Paulus kann man zweierlei lernen: Dass dies sehr wohl ein Ort für Christen ist. Und wie sich Christen in diesem Raum der Öffentlichkeit verhalten sollten.

Zunächst einmal: Respekt, Paulus, für deine Selbstbeherrschung! Ich kann mir gut vorstellen, wie wütend du warst, da auf dem Marktplatz in Athen. Der war voller Götzenbilder, die zum Verkauf angeboten wurden, frei nach dem Motto: Mach dir deinen Gott doch passend, denn du entscheidest schließlich, wofür du ihn gerade brauchst. Ein Gott gefertigt nach deinen Wünschen und Werten, in Holz, in Stein, in Metall, je nach Geschmack und Geldbeutel.

Ich verstehe, dass du wütend warst. Ich kann mich in dich hineinversetzen. Heute zum Beispiel, Paulus, auf unseren Straßen und Plätzen, da tragen sie wie ihr Götzenbild eine Idee vor sich her: Die Idee, dass ohne die Fremden alles besser wäre, dass es keine Gewalt geben würde und keine Messer, keine Ungerechtigkeiten mehr, sondern Arbeit und Auskommen für alle. Da werde ich auch wütend, und wie.

Das letzte Hemd statt Altkleiderspenden

Denn die Wahrheit spielt plötzlich keine Rolle mehr. Dass es schon vor den Fremden so nicht war und auch ohne sie gewiss nicht so werden würde. Dass all die Wut und Unzufriedenheit von woanders her kommen muss. Weil es uns allen wirtschaftlich noch nie so gut gegangen ist und wir noch nie so satt und sicher gelebt haben. Die gemessene Wahrheit aus allen Kriminalitätsstatistiken und Wirtschaftsanalysen spielt plötzlich keine Rolle mehr gegenüber gefühlten Wahrheiten. Ich werde wütend darüber und ungehalten. Aber ich versuche, mich zu beherrschen, so wie du, Paulus, es getan hast. Und wie du versuche ich, einzugehen auf die merkwürdigen Vorstellungen der anderen. Wenn auch widerwillig – ich will ergründen, wie sie wohl zu ihren Überzeugungen und Wahrheiten gekommen sind. Respekt, Paulus, für deinen Respekt vor den anderen und deine Selbstbeherrschung.

Und noch etwas, Paulus. Als du damals auf dem Markt gestanden hast, in der großen Stadt Athen, da wart ihr noch sehr wenige, ihr Christen. Und heute merken wir gerade wieder, wie sich das anfühlt, wenn wir wirklich als Christen leben und diese eine Wahrheit laut aussprechen: "Du sollst Gott lieben und deinen Nächsten wie dich selbst." Daran sollen wir uns ja halten. Das ist die Summe der Gebote. Und als wäre das nicht schon schwer genug, ist da auch noch Jesus von Nazareth mit seiner Bergpredigt, dem das alles noch nicht reicht. Nicht nur Nächstenliebe, sondern Feindesliebe. Keine Kleiderspenden aus deinem abgelegten Zeug sondern dein letztes Hemd für die anderen.

Eine 2000 Jahre alte Lehre, fast ohne Gebrauchsspuren

Die Wahrheit ist heute: Der Verdacht der griechischen Philosophen, mit denen du dich herumstreiten musstest auf dem Markt, hat sich bestätigt. Das ist ein fremder Gott, der so etwas verlangt, immer noch ein fremder Gott, auch nach 2000 Jahren Christentum. Denn er fügt sich einfach nicht ein in unsere Welt, egal wie man an ihm schnitzt und hämmert. Eine 2000 Jahre alte Lehre und sie ist immer noch nagelneu, fast ohne Gebrauchsspuren.

Manchmal kommt es mir so vor, als wären wir schon wieder in der Minderheit, Paulus. Wie kann man einstehen für diese Lehre, für die Wahrheit, heute, auf den Straßen und Plätzen, in der Zeitung und im Netz?

Du machst es mir ja vor: "Raus mit der Wahrheit" heißt "raus aus der persönlichen Komfortzone." Nicht warten, bis jemand um eine Stellungnahme bittet, sondern gleich Position beziehen. Handeln und nicht bloß reagieren. Am richtigen Ort bin ich wahrscheinlich dann, wenn sie die Köpfe schütteln über mich und schnell weitergehen, so wie damals bei dir in Athen.

Und auch im Kampf für die Wahrheit des Evangeliums kann man sich nur der Mittel des Evangeliums bedienen: Der Feindesliebe und der Gewaltlosigkeit, in den Worten und den Taten. Einige haben dir zugehört, damals in Athen, dir und deiner unbequemen Wahrheit und dir geglaubt. Einige, nicht alle. Aber sie machen den Unterschied!

Ditib: Mehr Imame aus der Türkei

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Ditib-Zentralmoschee in Köln

Foto: epd-bild/Guido Schiefer

Ditib-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld

Der Vorsitzende des Islamverbandes Ditib in Niedersachsen und Bremen, Yilmaz Kilic, spricht sich für eine weitere Kooperation mit der Türkei bei religiösen Themen aus. "Im theologischen Bereich arbeiten wir mit der Türkei zusammen. Wir brauchen die Imame aus der Türkei", sagte Kilic der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitag). In Deutschland gebe es schlicht keine ausgebildeten Imame, die in Ditib-Moscheen arbeiten könnten.

"Natürlich ist es ein Traum, irgendwann mal eigene Theologen hier zu Imamen auszubilden. Das wollen sowohl der Ditib-Landes- als auch der Bundesverband", sagte Kilic. Dazu sei aber die Anerkennung der Ditib als Religionsgemeinschaft nötig und man müsse über die Bezahlung der Imame sprechen.

Heute erreichten türkische Imame die Gemeinde noch. "In zehn, zwanzig Jahren kann die Situation anders aussehen. Dann werden wir hier eine Generation haben, die nur noch wenig Kontakt zur Türkei hat und die türkische Sprache nicht mehr spricht", sagte Kilic.



Nach Angaben des Osnabrücker Islamexperten Bülent Ucar werden noch immer 80 bis 90 Prozent der Imame in Deutschland aus dem Ausland geschickt und bezahlt. Die Politik müsse die Initiative ergreifen und mit den Islamverbänden zu Vereinbarungen über die zweite Phase der Imam-Ausbildung in Deutschland kommen. Sie müsse auch Finanzhilfe leisten, wenn sie wolle, dass die Imame nicht länger vom Ausland und insbesondere der Türkei abhängig seien, sagte der Direktor des Instituts für Islamische Theologie der Universität Osnabrück dem epd.

EKD und armenische Kirche wollen enger kooperieren

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Historisches Kloster in Armenien

Foto: Armen Iskandaryan/stock.adobe

Historisches Kloster in Armenien (Symbolfoto)

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die altorientalische armenische Kirche wollen enger zusammenarbeiten.

Geplant sei eine verstärkte Kooperation bei der theologischen Ausbildung, im ökumenischen Dialog und im Engagement für die Kirchen im Nahen Osten, teilte die EKD am Dienstag in Hannover mit. Darauf habe sich der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm auf einer Armenienreise mit dem Oberhaupt der armenisch-apostolischen Kirche, Katholikos Karekin II., verständigt.

Bedford-Strohm besucht seit Sonntag und noch bis Mittwoch als erster EKD-Ratsvorsitzende Armenien. Katholikos Karekin II. hatte die Einladung während seines Besuchs in Deutschland im Reformationsjahr 2017 ausgesprochen. Weitere Themen des Treffens waren laut EKD die Anerkennung des Völkermords zwischen 1915 und 1918 im damaligen Osmanischen Reich an den Armeniern durch den Deutschen Bundestag sowie die gemeinsame Verantwortung der Kirchen für verfolgte und bedrängte Christen.



Auf seiner Reise traf Bedford-Strohm auch den armenischen Präsidenten Armen Sarkissjan sowie Ministerpräsident Nikol Pashinjan. Unter anderem hätten sie über die Rolle der Kirchen zur Bewältigung ökologischer, politischer und sozialer Herausforderungen gesprochen, hieß es.

Die armenische Kirche gehört zur Kirchenfamilie der altorientalischen Kirchen und zählt weltweit etwa neun Millionen Mitglieder. Der Sitz des Primas von Deutschland ist Köln. Die EKD führt seit vergangenem Jahr einen theologischen Dialog mit den altorientalischen Kirchen.
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