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Kirchliche Aktivitäten waren Gratwanderung

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Denkmal aus DDR-Zeit in Sachsen-Anhalt

© epd-bild/Norbert Neetz

Sozialistisches Denkmal aus DDR-Zeit auf dem Riebeckplatz, dem ehemaligen Thälmannplatz, in Halle an der Saale (Symbolfoto). Die Landeskirche in Anhalt beabsichtigt, die eigene Historie der DDR-Zeit unter die Lupe zu nehmen.

Landeskirche untersucht DDR-Zeit
Die Landeskirche Anhalts will ihre eigene Geschichte in der DDR-Zeit aufarbeiten. Insbesondere ihr Umgang mit dem religionsfeindlichen System sowie die Entnazifizierung sollen untersucht werden, sagte der Leiter des Archivs der Landeskirche, Jan Brademann.

Dabei müsse unterschieden werden zwischen der Anpassung an den Staat, die aufgrund der Machtverhältnisse nötig gewesen sei, und der Instrumentalisierung der Kirche durch die SED, sagte der Historiker. Bei der Aufarbeitung gehe es darum, "landeskirchlich nachzuvollziehen, was anderswo schon lange passiert ist", so Brademann mit Blick auf Forschungen etwa von Bundesbehörden über deren eigene NS-Vergangenheit.

Im März hatte die Landeskirche eine Tagung über die eigene Nachkriegsgeschichte zwischen 1945 und 1969 veranstaltet. Themen waren unter anderem die Entnazifizierung der Pfarrerschaft und das Verhältnis der SED zu den Kirchen.

Brademann geht davon aus, dass es in den Kirchen der DDR bis in die 1960er Jahre ein gewisses "Maß an Eigenständigkeit und Kritikfähigkeit" gab. Der Historiker verweist etwa auf die 1963 von der Konferenz der evangelischen Kirchenleitungen in der DDR verabschiedeten "Zehn Artikel über Freiheit und Dienst der Kirche". Die Mitgliedskirchen hätten darin ihre ideologische Unabhängigkeit betont. Damals habe es geheißen, "wir müssen den Staat anerkennen, und wir sind bestrebt, das Selbsterhaltungsrecht der Kirchen als etwas wahrzunehmen, mit dem die Freiheit des Evangeliums weiter verteidigt wird", sagte Brademann. In den 1970er Jahren habe dagegen etwa die Landeskirche Anhalts die Staatsnähe gesucht.

Kaum Entnazifizierung

Bis Ende der 1960er Jahre seien überdies zum Teil dieselben Personen in leitenden kirchlichen Positionen wie in der NS-Zeit gewesen, sagte der Historiker weiter: "Da ist nichts aufgearbeitet worden." Bislang sei bekannt, dass Bemühungen um Entnazifizierung "sehr milde" verlaufen seien. Die Pfarrerschaft sei im Grunde nicht ausgewechselt worden. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges sei es aus Sicht der Kirche das Wichtigste gewesen, vor dem Hintergrund des politischen Drucks zusammenzuhalten.

Die in der Kirche verbreitete Vorstellung, "die Guten" zu sein, sowie die Einschätzung, im kirchlichen Raum habe sich die friedliche Revolution von 1989 entfalten können, kritisierte Brademann als unreflektiert. Sie unterschlägt nach seiner Ansicht einen Teil der historischen Voraussetzungen.

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