Liebe Annika,
vielen Dank für deine vielen, spannenden Fragen. Du hast recht unterschiedliche Fragen gestellt und ich kann leider nicht auf alle sechs Fragen ausführlich antworten, weil die Antwort sonst einfach viel zu lang wäre, deswegen werde ich auf jede nur eine kurze Antwort geben. Ich hoffe, dass ist für dich in Ordnung.
1. Wie kann ich eine gute Beziehung zu Gott aufbauen?
Wie jede Freundschaft entwickelt sich auch die Beziehung zu Gott über die Zeit. Es gibt Zeiten, da ist man sich näher und Zeiten, da ist man sich ferner. Manchmal verliert man sich vielleicht aus den Augen, aber bei einem Wiedersehen erinnert man sich an die schönen Zeiten und es fühlt sich vertraut an. Vielleicht gibt es auch mal Konflikte - und danach eine Versöhnung. Der einzige Unterschied zu menschlichen Beziehungen ist: Gottes Beziehung währt ewig. Es gibt kein Ende, keinen Abschied. Sein "Ja" zu uns gilt für immer.
Wie du selbst sagst, sind regelmäßige Rituale hilfreich, die Beziehung zu Gott zu pflegen. Manche Christinnen und Christen lesen jeden Morgen in der Bibel oder denken über die Tageslosung nach. Andere beten jeden Abend vor dem Schlafengehen. Wieder andere sind jeden Sonntag im Gottesdienst. Eine Gemeinschaft kann hilfreich sein, in Wüstenzeiten die Beziehung zu Gott weiterhin zu stärken und sich darüber auszutauschen. Neben Gottesdiensten sind das Bibelkreise oder Hauskreise.
2. Wie kann ich die Zeichen Gottes von "Zufällen" unterscheiden?
Ob wir ein Wunder oder einen Zufall sehen, hängt sehr von dem eigenen Weltbild und Glauben ab. Dazwischen gibt es viele Grautöne. Ich würde sagen: Zufälle im eigentlichen Sinn gibt es nicht - nur kausale Zusammenhänge. Aus Handlungen ergeben sich Konsequenzen. Aufgrundlage dessen könnte man sagen, dass eigentlich alles in der Welt von und durch Gott gewirkt ist. Er ist nämlich als Schöpfer die allererste Ursache, aus der sich alles andere ergibt. Inwieweit wir offen sind für die Wunder in unserem Leben ist dann eben eine Frage des Glaubens. Vielleicht hast du schon einmal das Gefühl der Dankbarkeit gespürt, wenn etwas geglückt ist - das ist für mich ein Wunder. Es sind nicht immer die großen Geschehnisse im Leben, sondern die vielen alltäglichen besonderen Momente des Glücks.
3. Was darf ich als Christ? Ist jede Minute, die ich nicht mit Jesus verbringe, eine Sünde? Was habe ich noch für "Freizeit"?
Als Christ darf ich genauso ein Leben führen, wie andere Menschen. Unser Glaube soll unseren Alltag durchdringen. Er soll sich in unsem Handeln widerspiegeln. Martin Luther sagt so schön: "Die Arbeit der Woche wird uns zum Gottesdienst". Es geht also um eine innere Glaubenshaltung. Diese zeigt sich auf der Arbeit, beim Sport, in der Freizeit. Auch beim Treffen von Freunden, selbst beim Feiern. Wir können jederzeit mit Gott in Beziehung stehen, denn unser ganzes Leben fußt auf ihm. Er ist unser Fundament.
4. Darf ich Gott hinterfragen? Oder ist das Gotteslästerung?
Ja, wir dürfen an Gott zweifeln. Im Leben gibt es immer wieder Krisen, durch die wir Gott hinterfragen. Auch die Bibel kennt viele dieser Geschichten. Das Hiobbuch bringt diese Zweifel zum Ausdruck, aber auch in den Psalmen wird der Zweifel formuliert. Selbst Jesus hinterfragt Gott am Kreuz mit seinen Worten: "Mein Gott, warum hast mich verlassen?" (Mk 15,34). Zweifel gehört zum Glauben dazu, wir wachsen durch unsere Fragen. Das Schöne dabei ist: Wir können auch beim Zweifeln mit Gott in Beziehung bleiben. Wir können ihn fragen und ihn anklagen, er erhört uns trotzdem.
5. Wie ist es mit der Gewalt in der Bibel?
Diese Frage bräuchte eine längere Beantwortung. Auch hier möchte ich wieder auf Luther verweisen: Wir als Menschen verstehen Gott und sein Handeln nicht immer. Gott ist uns verborgen (vgl. den Rundfunkbeitrag dazu). Die Bibel ist - in der Tat - voller Gewalt. So wie auch unser Leben voller Gewalt ist. Die Bibel spiegelt also unser menschliches Dasein wider. Sie ist zudem in einem bestimmten historischen Kontext entstanden, in denen sich die Stärke eines Gottes darin zeigte, dass er seine Feinde besiegte. So manches davon ist und bleibt für uns unerklärlich. Das letzte Wort aber hat die Liebe, denn Jesus ist auferstanden. Das gibt uns Hoffnung auf ein ewiges Leben, auf ein Leben in Frieden.
6. Wie ist das mit dem letzten Gericht?
Das letzte Gericht kommt nach biblischer Vorstellung mit der Wiederkunft Christi. Wir werden also nicht nach dem Tod gerichtet, sondern nur einmal am Ende aller Zeiten. Wann das genau sein wird und was bis dahin mit den Seelen der Menschen ist, bleibt verborgen. Was beim Jüngsten Gericht passiert, wird hier beantwortet.
Ich hoffe, du konntest etwas mit den Antworten anfangen,
beste Grüße,
Johanna Klee